Eilrechtsschutz gegen Anordnung amtsärztlicher Untersuchung

Die Deutsche Telekom ordnete eine amtsärztliche Untersuchung gegenüber einer Beamtin im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens wegen Dienstunfähigkeit an. Diese wollte hiergegen gerichtlich im Eilverfahren vorgehen. Sie gewann zwar in erster Instanz, verlor jedoch nach Beschwerde der Telekom vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, dass gegen eine solche Untersuchungsanordnung nicht isoliert im Eilverfahren, sondern nur gegen eine später aufgrund der Untersuchungsergebnisse erlassene Zurruhesetzungsverfügung vorgegangen werden könne.

 

Das Bundesverfassungsgericht sah dies jedoch anders. Zunächst stellte es fest, dass eine amtsärztliche Untersuchung in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, ein Grundrecht jedes einzelnen Beamten, eingreift. Ein solcher Eingriff kann nur dann zulässig sein, wenn ein hinreichender Anlass für die Anordnung einer solchen Untersuchung besteht und diese in ihrem Umfang auf das Nötigste begrenzt ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Anordnung rechtswidrig.

 

Wird dem einzelnen Beamten jedoch die Möglichkeit genommen, gegen die Untersuchungsanordnung isoliert vorzugehen, befindet er sich in einer Zwickmühle. Er ist zunächst grundsätzlich verpflichtet, ihr als dienstlicher Anordnung nachzukommen. Tut er dies und die Anordnung stellt sich im Nachhinein als rechtswidrig heraus, dürfen Untersuchungsergebnisse dennoch verwendet werden.

Kommt er ihr hingegen nicht nach, so drohen ihm disziplinarrechtliche Maßnahmen. Zwar besteht keine Pflicht, einer rechtswidrigen Anordnung Folge zu leisten, allerdings wird eben diese Rechtswidrigkeit bei Verweigerung der Möglichkeit des isolierten Vorgehens gegen die Untersuchungsanordnung erst im Rahmen der späteren Überprüfung etwaiger Zurruhesetzungsverfügungen gerichtlich festgestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt trägt der Beamte somit eine Art Prognoserisiko für die Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung.

 

Da dies den einzelnen Beamten in seiner Möglichkeit, durch Gerichte effektiven Rechtsschutz zu erlangen, unverhältnismäßig einschränken würde, kann gegen die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung auch isoliert im Eilverfahren vorgegangen werden.

 

Fundstelle: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.01.2022 – Az. 2 BvR 1528/21

Anerkennung von Ausbildungszeiten bei Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit

Ein ehemaliger Bundesbeamter, der viele Jahre bei der Post beschäftigt und mit Ablauf des Jahres 2016 in den Ruhestand versetzt worden war, stritt sich mit seinem ehemaligen Dienstherrn um die korrekte Festsetzung seiner ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Er hatte im Alter von 15 Jahren als Postjungbote seine Ausbildung begonnen und war drei Jahre später in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden. Sein ehemaliger Dienstherr, ein Nachfolgeunternehmen der Deutschen Post, erkannte jedoch lediglich die seit Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegte Ausbildungs- bzw. Dienstzeit an und verwies auf § 12 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der alten, bis zum 10. Januar 2017 gültigen, Fassung. Demnach können nur Ausbildungszeiten, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres liegen, bei der Ruhegehaltsfestsetzung berücksichtigt werden.

Der ehemalige Beamte klagte vor Gericht und führte an, dass entsprechender Passus in der alten Fassung des BeamtVG unionsrechtswidrig sei. Weiterlesen

Verpflichtung von Feuerwehrbeamten zur Ausbildung zum Notfallsanitäter rechtswidrig

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in der Frage, ob verbeamtete Feuerwehrleute vom Dienstherrn zu einer Ausbildung zum Notfallsanitäter verpflichtet werden können, eine Entscheidung getroffen, die für entsprechende Vorhaben in ganz Deutschland richtungsweisend sein dürfte.

Hintergrund ist die Verordnung des Sächsischen Innenministeriums über die Rettungsdienstplanung im Freistaat Sachsen, wonach ab dem 1. Januar 2024 die Rettungswagen mit einem Notfallsanitäter als Betreuer eines Patienten besetzt sein müssen (§§ 7, 23 SächsLRettDPVO). Laut Notfallsanitätergesetz besteht die Möglichkeit, sich mittels eines Ergänzungslehrgangs vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter weiterqualifizieren zu können (§ 32 Abs. 2 NotSanG), jedoch nur bis zum 31.12.2020. Um den Bedarf an Notfallsanitäterinnen und -sanitätern mit vorhandenem Personal zu decken, wurden Rettungsassistenten der Berufsfeuerwehr von ihrem Dienstherrn zur Absolvierung des Lehrgangs verpflichtet.

Gegen eine solche Verpflichtung legten wir für unsere Mandanten Rechtsmittel ein.

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen stellte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes fest, dass die Weisung des Dienstherrn rechtswidrig sei, sofern sie den Antragsteller verpflichtet, die Berufsbezeichnung Notfallsanitäter zu erwerben. Für die Weisung des Dienstherrn gebe es keine rechtliche Grundlage. Die Fortbildungspflicht des Beamten umfasse nicht die Verpflichtung zum Erwerb einer neuen Berufserlaubnis. Denn um einen eigenen Beruf handele es sich beim Notfallsanitäter (vgl. § 1 Abs. 1 NotSanG). Dessen Berufsbild unterscheide sich auch wesentlich von dem des Rettungssanitäters. Insofern handele es sich um einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl. Diese bedeute, sich auch gegen einen bestimmten Beruf zu entscheiden, wenn er nicht den eigenen Neigungen entspricht.

Somit seien auch alle mit der Weisung verbundenen Verpflichtungen wie die Absolvierung des Lehrgangs und der entsprechenden Prüfungen, die Beibringung eines Führungszeugnisses etc. rechtswidrig. Ein anders lautender Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden wurde damit aufgehoben.

SächsOVG Bautzen, Beschluss vom 30.01.2020 – Az.: 2 B 312/19

 

 

 

 

Anforderungen an die Erstellung von Probezeitbeurteilungen

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf diverse Anforderungen hingewiesen, die im Zusammenhang mit Probezeitbeurteilungen gelten und diese innerhalb eines Urteils erläutert. Hintergrund war der Fall eines Beamten auf Probe, dessen Probezeit mehrmals verlängert und der schließlich aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen worden war. Verschiedene Beurteilungen, die allesamt zu einem negativen Ergebnis kamen, fielen in diesen Zeitraum. Neben anlassbezogenen Beurteilungen wurde auch eine Regelbeurteilung durchgeführt.

Der Beamte klagte gegen seine Entlassung und die damit zusammenhängenden Beurteilungen. Diese seien rechtswidrig, da zwei Beurteilungen vor Ablauf des jeweiligen Beurteilungszeitraums erstellt wurden und so den Beurteilungszeitraum verkürzten. U.a. sei er auch zu schlecht beurteilt worden. Während seiner Zeit als Angestellter bei der Behörde sei er deutlich besser beurteilt worden und hätte ein sehr positives vorläufiges Dienstzeugnis erhalten. Der Kläger beantragte die Aufhebung der maßgeblichen Beurteilungen und eine erneute Beurteilung für den entsprechenden Zeitraum.  Weiterlesen

Verspätete Einleitung eines Disziplinarverfahrens als mildernder Umstand

Eine Dezernentin in einem Landratsamt hatte ihre Dienstpflichten verletzt, indem sie u.a. vom Landrat angeordneten Dienstgesprächen mehrfach unentschuldigt fern geblieben war und dienstinterne Korrespondenz an Dritte weitergeleitet hatte. Sie selbst führte ihre krankheitsbedingten Fehlzeiten auf ein Mobbingverhalten des Landrats und seines Führungsstabs zurück. Eine zu dieser Problematik zwischen ihr und dem Landrat durchgeführte Mediation blieb ergebnislos.

Unterdessen hatte der Landrat der Dezernentin untersagt,  internen Schriftverkehr etc. an Dritte weiterzuleiten, und sie darauf hingewiesen, dass Dienstunfähigkeit durch Vorlage eines ärztlichen Attestes nachzuweisen sei. Ein Disziplinarverfahren wurde jedoch erst einige Zeit später eingeleitet. Es resultierte schließlich in einer Disziplinarklage mit dem Ergebnis, dass das Verwaltungsgericht die beklagte Dezernentin aus dem Beamtenverhältnis entfernte. Eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht blieb erfolglos. Erst im Revisionsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) konnte die Beklagte einen Erfolg verbuchen:

Zunächst wurde sie antragsgemäß wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Weiterhin wurden die vorinstanzlichen Urteile vom BVerwG aufgehoben und im Rahmen einer eigenen Bemessungsentscheidung das Ruhegehalt der Beklagten für drei Jahre um ein Fünftel gekürzt.

Das BVerwG begründete seine Entscheidung wie folgt: Der Dienstvorgesetzte habe die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, sobald sich tatsächliche Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen zeigen. In diesem Fall wurde das Disziplinarverfahren zu spät eingeleitet und es sei nicht auszuschließen, dass dieser Mangel das Verfahren beeinflusst hätte. Möglicherweise hätte die Beklagte weitere Pflichtverletzungen unterlassen. Zudem sei nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zunächst auf niederschwellige disziplinare Maßnahmen zurückzugreifen, anstatt zeitlich gestreckt aufgetretene Dienstpflichtverletzungen zu „sammeln“ und sodann mit der schärfsten Disziplinarmaßnahme – der Entfernung aus dem Dienst oder der Aberkennung des Ruhegehalts – zu reagieren. Dieser Mangel kann – so wie in vorliegendem Fall – als Milderungsgrund bei der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden. Im Übrigen stellte das BVerwG fest, dass sich Disziplinar- und Mediationsverfahren ausschließen: Wenn ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden muss, bestehe kein Raum mehr für die Einleitung oder Fortführung eines Mediationsverfahrens.

 

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Urteil vom 15.11.2018 – Az.: 2 C 60/17

 

Altersgeld nach 5 Jahren Dienstzeit auch für Beamte in Teilzeit?

Dass Bundesbeamte nach freiwilligem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis Anspruch auf Altersgeld haben, sofern sie mindestens fünf Dienstjahre geleistet haben, regelt § 3 Altersgeldgesetz (AltGG). Auch wenn diese Zeit in Teilzeit gearbeitet wurde, besteht dieser Anspruch (ebd.)

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte nun in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Landesbeamtin (Lehrerin) gegen das Land klagte, da dieses ihren Anspruch auf Altersgeld nicht anerkennen wollte. Hintergrund war eine Dienstzeit der Klägerin von 70,5 Monaten (entsprechend etwa 5,9 Jahren), in denen sie in Teilzeit arbeitete, woraufhin sie freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausschied. Das Land Baden-Württemberg ging davon aus, dass die Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur anteilig zu berücksichtigen seien und errechnete eine altersgeldfähige Dienstzeit von 4,99 Jahren. Nachdem die Klägerin in beiden Vorinstanzen erfolgreich war, entschied auch der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim in ihrem Sinne. Die Rechtslage entspreche der für Bundesbeamte; die baden-württembergische Regelung sei danach auszulegen. Für die Berechnung der fünfjährigen Wartezeit komme es nicht auf den Umfang der Diensttätigkeit in Voll- oder Teilzeit an. Aufgrund des Diskriminierungsverbots von Teilzeitbeschäftigten (§ 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz) dürften Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbar Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden.

 

Fundstelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2018 – Az.: 4 S 2453/17

 

 

Genehmigung einer Klassenfahrt abhängig von Reisekostenverzicht: Verstoß gegen beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatz?  

Ein verbeamteter Lehrer hatte für seine Klasse eine Abschlussfahrt bei der Schulleitung beantragt. Im dafür vorgesehenen Antragsformular – das der Verwaltungsvorschrift des Dienstherrn für außerunterrichtliche Veranstaltungen entsprach – wurde jedoch abgefragt, ob die Lehrkraft ganz oder teilweise auf Reisekostenvergütung verzichte. Hintergrund hierfür war, dass nicht immer klar war, ob ausreichende Haushaltsmittel für Schulveranstaltungen zur Verfügung stehen würden. Um die Genehmigung nicht zu gefährden, verzichtete der Lehrer teilweise auf seinen Anspruch auf Reisekostenerstattung.  Weiterlesen

Beurteilung eines Beamten durch „Konkurrenten“ unzulässig

Ein Finanzbeamter im Höheren Dienst setzte sich gerichtlich gegen seine dienstliche Beurteilung zur Wehr und führte insbesondere folgende Gründe dafür an: Der Erstbeurteiler, der als Vertretung für die erkrankte Vorsteherin des Finanzamtes fungierte, habe in unzulässiger Weise gehandelt, da er demselben Statusamt (und derselben Gehaltsgruppe) angehörte und sich damit in einer potentiellen Konkurrenzsituation zum Kläger befand. Außerdem habe er kein eigenes Werturteil abgegeben, sondern nach Rücksprache mit der Vorsteherin deren Urteil lediglich umgesetzt. Der Beurteilung selbst mangele es in Teilen an Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit. Dies beträfe die Bewertung der Einzelmerkmale „Verhalten gegenüber Publikum“, „Verhalten als Vorgesetzter“, „Auffassungsgabe“, „Breite des fachlichen Wissens“, „mündliches Ausdrucksvermögen“, „Verhandlungsgeschick“ und „Fortbildungsstreben“. Der Kläger führte Gründe an, warum er in diesen Bereichen besser zu bewerten sei.  Weiterlesen

Auch weiterhin kein Streikrecht für Beamte

Drei verbeamtete Lehrer verschiedener Bundesländer, die an Gewerkschaftsprotesten bzw. Streiks teilgenommen hatten, waren dafür von ihren Dienstherren mit Disziplinarmaßnahmen belegt worden.

Dagegen setzten sie sich zur Wehr, allerdings erfolglos. Beim Bundesverfassungsgericht legten die drei Beamten schließlich Verfassungsbeschwerde ein.

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Übernahme in Polizeidienst trotz Brustimplantat?

Eine Bewerberin für den mittleren Dienst der Berliner Schutzpolizei wurde nach erfolgter maßvoller Brustvergrößerung mit der Begründung abgelehnt, im Polizeieinsatz könne eine eventuelle Beschädigung der Implantate oder auch Materialermüdung zu Gesundheitsproblemen führen. Zu befürchten wären Dienstunfähigkeit und vorzeitige Pensionierung. Dagegen reichte die Bewerberin Klage ein. Weiterlesen