Studienplatzvergabe für Medizin teilweise verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei wegweisenden Urteilen entschieden, dass die Regelungen zur Studienplatzvergabe für Medizin teilweise verfassungswidrig sind. Für die bisherigen Regelungen wurde eine begrenzte Fortgeltung angeordnet. Den zuständigen Landesgesetzgebern wurde aufgegeben, bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung zu treffen, sofern der Bund bis dahin nicht von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.

Die beanstandeten bundesgesetzlichen Rahmenvorschriften und gesetzlichen Regelungen der Länder über die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin verletzen den grundrechtlichen Anspruch der Studienplatzbewerber auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot. Zudem verfehlten die landesgesetzlichen Bestimmungen zum Auswahlverfahren der Hochschulen teilweise die Anforderungen, die sich aus dem Vorbehalt des Gesetzes ergeben.

Die bisherigen Regelungen zur Studienplatzvergabe für Medizin wurden für mit Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erachtet,

  • soweit sie die Angabe von Ortswünschen in der Abiturbestenquote beschränken und die Ortswünsche bei der Vergabe vorrangig vor der Abiturnote berücksichtigen,
  • soweit sie die Hochschulen im eigenen Auswahlverfahren zur unbegrenzten Berücksichtigung eines von ihnen zu bestimmenden Grades der Ortspräferenz berechtigen,
  • soweit sie im Auswahlverfahren der Hochschulen auf einen Ausgleichsmechanismus zur Herstellung einer hinreichenden Vergleichbarkeit der Abiturnoten über die Landesgrenzen hinweg verzichten,
  • soweit sie gegenüber den Hochschulen neben der Abiturnote nicht die verpflichtende Anwendung mindestens eines ergänzenden, nicht schulnotenbasierten Auswahlkriteriums zur Bestimmung der Eignung sicherstellen und
  • soweit sie die Wartedauer in der Wartezeitquote nicht zeitlich begrenzen.

Weiterhin werden die Regelungen zum Auswahlverfahren der Hochschulen den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts nicht gerecht,

  • soweit nicht durch Gesetz sichergestellt ist, dass die hochschuleigenen Eignungsprüfungsverfahren oder die Auswahl nach vorausgegangener Berufsausbildung oder -tätigkeit auf standardisierte und strukturierte Weise erfolgt und
  • das Landesrecht den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet, eigenständig weitere Auswahlkriterien festzulegen (hier: Bayern, Hamburg).

Fundstelle: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 19.12.2017 – Az.: 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14