Durchgefallen wegen fünf Minuten Verspätung?
Eine Studierende der Rechtswissenschaften hatte den mündlichen Teil des juristischen Staatsexamens zu absolvieren. Nachdem sie den zu Beginn stattfindenden Vortrag gehalten hatte, kam sie zum Prüfungsgespräch, das nach einer Pause stattfinden sollte, unentschuldigt um fünf Minuten zu spät. Daraufhin wurde sie von der Prüfung ausgeschlossen, und die komplette staatliche Pflichtfachprüfung wurde für nicht bestanden erklärt.
Die Studierende erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden und ging, nachdem sie dort keinen Erfolg hatte, in die Berufung vor das Oberverwaltungsgericht Münster. Auch dort blieb ihre Klage ohne Erfolg. Erst das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gab der Klägerin recht. Die entsprechende landesrechtliche Norm (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW) erfasse nur diejenigen Fälle, in denen ein Prüfling aus einer begonnenen Prüfung aus eigenem Entschluss aussteigt, was das Nichtbestehen der staatlichen Pflichtfachprüfung nach sich zieht. Im Fall der Klägerin war diese Sanktionierung jedoch unverhältnismäßig und stand im Widerspruch zu Artikel 12 Abs. 1 GG, der die Freiheit der Berufswahl regelt und nach dem sich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausrichtet.
Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.02.2019 – Az.: 6 C 3.18