Milderungsgrund durch pflichtenmahnende Wirkung eines überlangen Verfahrens

Die Parteien stritten über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme wegen eines Dienstvergehens.

Der Soldat hatte sich wegen Pflichtverletzungen in Zusammenhang mit Dienstreisen schuldig gemacht. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, seine Gehorsams- und Wohlverhaltenspflicht verletzt zu haben, indem er auf einer Dienstreise einer Soldatin einen privaten Krankenhausbesuch eines einsatzverwundeten Kameraden ermöglichte und diese Fahrt nicht als „Besonderes Vorkommnis“ im Fahrauftrag vermerkte.

Bei der Bestimmung von Art und Maß einer Disziplinarmaßnahme sind insbesondere Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Betroffenen zu berücksichtigen. Unter anderem ist auch zu beachten, wenn Dienstvergehen keine negativen Auswirkungen für den Dienstbetrieb und die wirtschaftlichen Interessen des Dienstherrn hatten und Kameraden nicht geschädigt wurden. Weiterhin können Beweggründe des Betroffenen für ihn sprechen (z.B. kameradschaftliche Motive). Darüber hinaus ist von einer Disziplinarmaßnahme unter Umständen abzusehen, wenn die Auswirkungen des Disziplinarverfahrens bereits eine pflichtenmahnende Wirkung hatten.

Im vorliegenden Fall war nach einer Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände der Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme nicht mehr angebracht, insbesondere weil das Gericht eine pflichtenmahnende Wirkung des überlangen Verfahrens als mildernder Aspekt von erheblichem Gewicht feststellte. Zudem erfüllte der Soldat bereits seit 2012 die Voraussetzungen für eine Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten. Das Disziplinarverfahren wirkte hier als faktisches Beförderungsverbot und hemmte somit das dienstliche Fortkommen des Soldaten in erheblicher Weise.

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.09.2017 – Az.: 2 WD 4/17