Neubewertung einer Abiturarbeit wegen Fehler im Bewertungsverfahren von Erst- und Zweitkorrektor

Eine Schülerin war mit der Bewertung ihrer besonderen Lernleistung als Teil des Abiturs nicht einverstanden und ging – nach erfolglosem Widerspruch bei der Prüfungsbehörde – gerichtlich dagegen vor. Ausschlaggebend für das Verwaltungsgericht war letztlich der Umstand, wie das Prüfungsergebnis für den schriftlichen Teil laut der Stellungnahme der Prüfer zustande gekommen war:

Nachdem der Erstkorrektor die eingereichte Arbeit begutachtet hatte, stellte er seine Bewertung der Arbeit anhand von Notizen dem Zweitkorrektor vor und gab an, die Arbeit mit 4 Notenpunkten bewerten zu wollen. Der Zweitkorrektor war anderer Ansicht und schlug 6 Notenpunkte vor, auf die sich die beiden Prüfer dann auch einigten. Anschließend sei das Gutachten einvernehmlich verfasst und von beiden Prüfern unterschrieben worden.

Laut Gericht handelt es sich hierbei um einen Verfahrensfehler. Ein kommunikativer Austausch zwischen den Prüfern dürfe laut § 29 Abs. 2 OberStV erst stattfinden, wenn der Erstkorrektor seine Bewertung mit der Festsetzung der Notenpunkte abgeschlossen hat. Hintergrund ist die Forderung der eigenständigen und unabhängigen Urteilsbildung der Prüfer, die in  Art. 12 Abs. 1 GG (Freiheit der Berufswahl) verankert ist. Somit sei eine abgeschlossene Bewertung auch erst nach deren schriftlicher Fixierung anzunehmen.

Die Klägerin habe somit Anspruch auf Neubewertung des schriftlichen Teils ihrer Arbeit. Da die bisherigen Prüfer im prüfungsrechtlichen Sinn nicht mehr unbefangen urteilen können, müsse die Arbeit von zwei neuen Prüfern bewertet werden. Gleichzeitig gelte ein Verschlechterungsverbot: Das Ergebnis einer Neubewertung darf nicht schlechter als die ursprüngliche Bewertung ausfallen, da dies dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot der Chancengleichheit zuwiderlaufen würde.

 

Fundstelle: Verwaltungsgericht Magdeburg, Urteil vom 28.11.2018 – Az.: 7 A 830/16