Datenschutzrechtlicher Anspruch auf kostenlose Kopien von Prüfungsleistungen und hierzu angefertigten Prüfergutachten  

Ein Absolvent des zweiten juristischen Staatsexamens hatte nach Bekanntgabe seiner schriftlichen Prüfungsergebnisse Einsicht in seine Prüfungsarbeiten beim zuständigen Landesjustizprüfungsamt beantragt. Er bat das Prüfungsamt, ihm Kopien per E-Mail oder per Post zuzusenden. Das Amt wollte ihm hierfür 70,00 Euro in Rechnung stellen bzw. lehnte ein Versenden kostenloser Kopien ab. Hiergegen ging der Absolvent gerichtlich vor.

 

Nachdem das betroffene Bundesland sowohl in erster als auch zweiter Instanz verlor, legte es Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieses entschied jedoch ebenfalls im Sinne des Absolventen. Hierbei stellte es zunächst im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes fest, dass die schriftlichen Prüfungsleistungen eines Prüflings und auch die Bemerkungen des Prüfers hierzu personenbezogene Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind. So spiegeln erstere den Kenntnisstand, das Kompetenzniveau sowie das Urteilsvermögen des Prüflings wider, und letztere dokumentieren die Beurteilung dieser individuellen Leistung mit Folgen für die Berufschancen des Prüflings.

 

Ebenfalls aus der DSGVO ergibt sich deshalb ein Anspruch auf einmalige kostenlose Übermittlung dieser personenbezogenen Daten. Es haben somit alle Prüflinge einer berufsbezogenen Prüfung einen Anspruch auf kostenlose Übermittlung einer vollständigen Kopie der Prüfungsarbeiten und der dazugehörigen Prüfergutachten.

 

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.11.2022 – Az. 6 C 10.21