Ausschluss einer Verschlechterung bei Neubewertung?

Die Parteien stritten vor dem Bundesverwaltungsgericht über diverse Rechtsfragen in Zusammenhang mit einer Zweitbewertung und Neubewertung einer Prüfungsarbeit.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte, dass ein Zweitprüfer, der sich der Benotung und Begründung eines Erstprüfers anschließt, sich bei seiner Bewertung und Begründung auf die Formulierung „einverstanden“ beschränken kann. Einer eigenen Begründung bedarf es dann nicht, da sie nur eine bloße Wiederholung der Erstbewertung mit anderen Worten darstellen würde.

Der Umstand, dass einem Prüfer ein Bewertungsfehler angelastet wird, ist nicht geeignet, seine Unvoreingenommenheit in Frage zu stellen. Aus dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit folgt, dass die bisherigen Prüfer nicht nur für das Überdenken ihrer eigenen Bewertung aufgrund der Einwendungen des Prüflings heranzuziehen sind, sondern auch für eine Nachbewertung, die sich ergibt, wenn die Prüfungsbehörde oder das Verwaltungsgericht Bewertungsfehler festgestellt haben, die zu korrigieren sind.

Im Rahmen einer Nachbewertung haben die bisherigen Prüfer auf ihr aufgabenbezogenes Bewertungssystem und darauf beruhende Leistungsvergleiche zurückzugreifen. Sie sind also daran gehindert, ihr eigenes Bewertungssystem aufgrund der notwendigen Nachbewertung zu ändern. Sie müssen daher die beanstandeten Einzelwertungen erneut treffen und in das bisherige System komplexer Erwägungen einpassen. Dies schließt eine Verschlechterung der Benotung in der Regel aus.

Sofern eine Nachbewertung durch neue Prüfer stattfindet, kann das Gebot der Chancengleichheit insoweit zur Geltung kommen, als es die Prüflinge vor einer Verschlechterung der Benotung schützt, welche die bisherigen Prüfer vergeben haben.

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.05.2016 – Az.: 6 B 1.16