Anerkennung von Ausbildungszeiten bei Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit
Ein ehemaliger Bundesbeamter, der viele Jahre bei der Post beschäftigt und mit Ablauf des Jahres 2016 in den Ruhestand versetzt worden war, stritt sich mit seinem ehemaligen Dienstherrn um die korrekte Festsetzung seiner ruhegehaltfähigen Dienstzeit. Er hatte im Alter von 15 Jahren als Postjungbote seine Ausbildung begonnen und war drei Jahre später in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen worden. Sein ehemaliger Dienstherr, ein Nachfolgeunternehmen der Deutschen Post, erkannte jedoch lediglich die seit Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegte Ausbildungs- bzw. Dienstzeit an und verwies auf § 12 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) in der alten, bis zum 10. Januar 2017 gültigen, Fassung. Demnach können nur Ausbildungszeiten, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres liegen, bei der Ruhegehaltsfestsetzung berücksichtigt werden.
Der ehemalige Beamte klagte vor Gericht und führte an, dass entsprechender Passus in der alten Fassung des BeamtVG unionsrechtswidrig sei. Es handele sich dabei um eine Diskriminierung wegen des Alters und verstoße gegen das Recht auf Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Richtlinie 2000/78/EG). Zudem berücksichtige das Beamtenversorgungsgesetz mit Wirkung vom 11. Januar 2017 nunmehr auch vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegte Ausbildungszeiten.
Das Verwaltungsgericht gab dem Kläger recht, die Beklagte ging jedoch in Berufung.
Auch das Oberverwaltungsgericht urteilte im Sinne des Klägers. Das allgemeine Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ist in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert, die Richtlinie 2000/78/EG konkretisiert dies hinsichtlich der Bereiche Beschäftigung und Beruf. Das Beamtenverwaltungsgesetz ist in unionrechtskonformer Weise auszulegen, die entsprechende Beschränkung in der Anerkennung von Ausbildungszeiten sei somit aufzuheben. Somit seien für den Kläger zusätzlich 1 Jahr und 43 Tage für sein Ruhegehalt anzurechnen.
Fundstelle: OVG Lüneburg, Urteil vom 14.07.2020 – Az.: 5 LC 133/18